Maltherapie

Herausbrechen aus dem Dunkel

Susan Keller erzählt: Fürs nächste Gespräch habe ich mir vorgenommen, ein Bild zu malen. Ich brauche eine Aufgabe, um jetzt nicht aufzugeben, vielleicht auch, um mir etwas zu beweisen, deshalb soll es ein schönes Bild werden, sicher aber etwas Salonfähiges. Doch das geht nicht.

Ich wollte eigentlich die Susan herauslassen, die in mir steckt – die Kreative, Energievolle. Aber da ist nur eine Blockade.

Ich sitze vor dem Nichts – alles beweist, dass ich nichts kann! Die ganze Welt ist da, um mir zu zeigen, dass ich nichts kann! Lange starre ich auf das leere Blatt.

Doch dann merke ich: Ich verfolge mich selbst; oder ich behindere mich selbst.

Jetzt greife ich einfach zur Farbe und trage sie ohne zu überlegen auf. Wild durcheinander. Die Susan darf rauskommen. Immer mehr. Ich nehme einen grossen Spachtel, um die Farbe dick aufzutragen. Das habe ich vorher noch nie gemacht. Alles vermischt sich zuerst zu einem Grau und am Schluss ist alles dick und fett und nur noch Schwarz. Meine Gefühle werden so schwarz wie das Bild. Ich spüre, wie eine depressive Kraft mich nach unten zieht. Ich werde tief traurig.

Gleichzeitig entsteht Neugier: Was geschieht, wenn ich nicht aufgebe oder ausweiche? Wenn ich das aushalte? Werde ich neues Land entdecken können? Ich nehme einen grünen Stift zur Hand und auf einmal beginnt es zu schreiben: Gefühle, Worte, Empfindungen strömen aus mir heraus. Gross, klein, unleserlich und durcheinander. Schwierigkeiten, Herausforderungen, Druck, Ängste, alles sprudelt aus mir heraus. Es wird immer leichter. Das Schreiben wirkt erlösend. Ich finde in eine Mitte hinein, in meinen Kern hinein. Es wird ruhiger in mir und ich werde ein wenig stolz, dass ich nicht aufgegeben und mich selbst ausgehalten habe.

Kreativität entdecken

Wilde Schönheit

Angeregt durch die kreative Wildheit nehme ich eine Klebstofftube und lasse den Leim in schwungvollen Bewegungen herausfliessen auf einen nächsten Papierbogen. Nachdem alles getrocknet ist beginne ich mit zuerst dunkleren und dann immer leuchtenderen Farben draufloszumalen. Ich bin frei. Ich muss nicht. Jetzt kann die wahrhafte Susan aus mir herauskommen. Es muss nicht mehr „salonfähig“ sein.

Ich darf sein, wie ich bin. Impulse brechen aus mir heraus. Festgetretenes, Festgestampftes und Verkrustetes löst sich. Leben sickert hinein. Mein Kern wird spürbar. Ich komme mit ihm in Kontakt. Freude bricht auf! Ich bin freigesetzt, habe Luft, kann atmen, kann meine Arme weit ausbreiten, bin entspannt, spüre das Leben in mir und aus mir heraus.

Nachdem ich die Nacht meiner Seele angeschaut habe, macht das Dunkel keine Angst mehr, es hat seine Macht verloren; ich bin ihm nicht mehr ausgeliefert.

Das Dunkle, Depressive hat seine Kraft verloren.


Susan Keller lebt als Künstlerin in Frauenfeld. Sie können sie gerne anschreiben, wenn Sie an weiteren Bildern interessiert sind oder mit Ihr Kontakt aufnehmen wollen.

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